Neue Kita in Oestrich wird kleiner und teurer – hunderttausende Euro wurden verbrannt

Seit 2019 plant die Stadt Oestrich-Winkel den Bau einer neuen Kita. Längst hätte der Bau abgeschlossen sein können, doch seit Juli stehen alle Planungen wieder auf null. Bis heute wurden im Laufe des Prozesses hunderttausende Euro verbrannt: für nichts. Die neue Kita wird nun nicht nur kleiner als eigentlich notwendig, sondern auch deutlich teurer. Dabei wissen wir heute schon, dass die Entwicklung des Koepp-Geländes mit zusätzlichen Wohneinheiten den ohnehin bestehenden Kinderbetreuungsbedarf weiter steigern wird, schließlich sollen dort bald vorrangig junge Familien nach Oestrich ziehen.

Unprofessionelle Standortsuche

Als man 2019 den Bedarf an neuen Kitaplätzen festgestellt hat, favorisierte die damalige CDU/FDP-Mehrheit mit dem seinerzeitigen Bürgermeister Michael Heil (CDU) einen Standort in der Mittelheimer Rieslingstraße. Auf dem Gelände befindet sich ein sehr beliebter großer Spielplatz. Die SPD favorisierte damals schon einen Standort in Oestrich hinter dem Bürgerzentrum, nicht zuletzt, weil es in Oestrich im Vergleich zu den bereits bestehenden Kitaplätzen den höchsten Betreuungsbedarf gibt. Aber nicht nur die SPD wandte sich gegen den denkbar ungeeigneten Standort in Mittelheim, auch viele Anwohnerinnen und Anwohner und Kinder waren von Anfang an für den Erhalt des beliebten Spielplatzes und einen anderen Kita-Standort. Dies machten auch die Proteste vor Ort deutlich. Bis die damaligen Verantwortungsträger von CDU und FDP dann aber endlich ein Einsehen hatten und von dem Mittelheimer Standort Abstand nahmen, war viel wertvolle Zeit verstrichen, was sich später noch rächen sollte.

Kita an Schnellstraße?!

Zur Überraschung aller präsentierte man dann einen neuen Standort – die Stadt kaufte kurzerhand ein Grundstück in der Schillerstraße in Winkel. An eine der am stärksten und am schnellsten befahrenen Straßen in unserer Stadt sollte nun plötzlich die neue Kita entstehen. Zu allem Überfluss schnappte die Stadt dabei via Vorkaufsrecht auch noch einer jungen Familie das bereits erworbene Grundstück vor der Nase weg. Wochen später sah man bei CDU und FDP auch diesen Fehler ein, verwarf den Standort in Winkel wieder und gab das Grundstück zurück auf den Markt – zum Höchstgebot. Die junge Familie guckte in die Röhre und die Stadt bewegte sich auf dem Niveau eines Grundstücksspekulanten. Der Vorschlag der SPD, auf dem Grundstück jetzt zumindest bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wurde von CDU und FDP abgelehnt.

Neuer Kita-Standort Oestrich

Im dritten Anlauf haben CDU und FDP dann eingelenkt und sich wie von der SPD von Anfang an vorgeschlagen für einen Neubau in Oestrich hinter dem Bürgerzentrum entschieden. Endlich! Alleine die völlig unnötig verkorkste Grundstückssuche ließ viel Zeit vergehen – wertvolle Zeit, in der alleine die Entwicklung der allgemeinen Baukosten enorme Kostensteigerungen verursacht hat. Dem nicht genug wurde das erforderliche Grundstück nördlich des Bürgerzentrums, eine als Gemeinbedarfsfläche ausgewiesene Fläche und damit ein für Privateigentümer im Prinzip nicht rentabel nutzbarer Acker, vollkommen überteuert von der Stadt erworben. Denn der mittlerweile amtierende Bürgermeister Kay Tenge (CDU/FDP) hatte in einer öffentlich einsehbaren Beschlussvorlage den Maximalpreis verraten, den die Stadt bereit sein sollte zu zahlen – nicht überraschend, dass dieser Betrag am Ende auch genau dem Kaufpreis entsprach: Über 100 Euro den Quadratmeter und in Summe 200.000 Euro für eigentlich wertloses Ackerland – in der Stadt munkelt man schon, ob sich darunter eine Goldader versteckt.

Dilettantisches Prozessmanagement

Was nun folgte, war ein völlig intransparenter und unprofessioneller Prozess. Die gewählten Stadtverordneten wurden von der Verwaltungsspitze um Bürgermeister Tenge und Stadtrat Sommer (FDP) weiterhin völlig im Unklaren gelassen, an welcher Stelle der Planungsfortschritt steht. „Wir sind im Zeitplan“ war die regelmäßige Antwort, wenn Fragen zum Grundstückskauf, zur Planung, Ausschreibung und zum allgemeinen Fortschritt gestellt wurden – alles nachlesbar in den öffentlich einsehbaren Protokollen der Stadtverordnetenversammlung oder den zuständigen Fachausschüssen.

Zwischenzeitlich war aber klar, dass es aufgrund der mittlerweile jahrelangen Verzögerung eine Übergangslösung braucht, damit Kinder in Kürze nicht sprichwörtlich auf der Straße sitzen. Deshalb wurden hochwertige Container angemietet, um in unmittelbarer Nähe der zukünftig geplanten Kita nördlich des Bürgerzentrums eine Betreuung für Kinder in einer „Interims-Kita“ zu ermöglichen. Die Kosten dafür: Sechsstellig. Und an diese Übergangslösung werden wir uns noch einige Jahre gewöhnen müssen mit jährlichen Miet- und Unterhaltungskosten für die Stadt, die noch on top kommen. Auch dies eine unnötige Ausgabe, wenn man bedenkt, dass die eigentlich geplante Kita längst fertig sein könnte.

Und zu alle dem hat man in dieser Phase nicht parallel Übergangslösung UND den Neubau der Kita geplant, sondern letzteres hintan gestellt – mit weiteren Monaten Planungsverzögerung.

Die SPD hatte im Übrigen sehr früh die Durchführung eines Architektenwettbewerbs angeregt. Das hätte den Vorteil gehabt, dass man neben einer – mutmaßlich modernen und ansprechenden – Planung auch unmittelbar einen professionellen Architekten als Partner an der Seite gehabt hätte, der die Stadt bei weiteren Planungsschritten hätte unterstützen können. Aber auch das wurde: abgelehnt.

Notbremse kommt Stadt teuer zu stehen

Nach dieser Serie voller Pleiten, Pech, Pannen und Unvermögen wurde nun die Notbremse gezogen: Mittlerweile hat sich das Projekt so lange verzögert, dass die Baukosten explodiert und die Kita nicht mehr wie ursprünglich geplant finanzierbar ist. Statt sechs Gruppen sollen nun nur noch vier Gruppen untergebracht werden. Statt in Massivbauweise soll in Modulbauweise gebaut werden. Und auf den Keller mit Unterbringung des Stadtarchives muss verzichtet werden, obwohl das Stadtarchiv auch schon lange Zeit eine neue Bleibe sucht und nun weiterhin eine Alternative gesucht werden muss – sicher nicht zum Nulltarif. Hinzu kommen die zusätzlichen Kosten durch Übergangslösung und Baukostensteigerungen.

Fazit

Durch eine Reihe von Fehlentscheidungen in der Vergangenheit – vor denen stets gewarnt wurde, vor allem auch durch die SPD – kriegen wir nun für mehr Geld weniger Leistung. Und sofern der Kinderbetreuungsbedarf weiter steigt, werden die vier zusätzlichen Gruppen nicht reichen und weitere Kinderbetreuungsplätze notwendig – entweder durch eine Erweiterung an diesem Standort oder einen weiteren Neubau. Die Folge: Weitere Kostenexplosionen. Wir von der SPD-Fraktion werden das Thema weiterhin kritisch betrachten und konstruktiv einbringen, um den Schaden für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu minimieren und den Kinderbetreuungsbedarf sowie -standard in unserer Stadt zu sichern.